Das Lipödem

Das Lipödem ist eine Fettverteilungsstörung, die fast ausschliesslich Frauen betrifft. Das Unterhautfettgewebe ist stark vermehrt. Anders als bei gesunden Personen verteilt sich das Fett bei Lipödem-Patientinnen nur unterhalb des Nabels an Gesäss, Hüfte und Oberschenkel. Je nach Form verteilt sich das Fett zusätzlich an der Wade oder an den Oberarmen. Die Fettwucherungen sind diätresistent und begünstigen Folgeerkrankungen wie das Lymphödem und Krampfadern. Bis heute ist das Lipödem nicht heilbar aber behandelbar.

Diagnose

Das Lipödem ist eine relativ unbekannte Erkrankung und wird auch von Ärzten häufig nicht erkrankt. Die Diagnose sollte deshalb immer von einem spezialisierten Arzt gestellt werden. Folgende Anzeichen deuten auf ein Lipödem hin:

  • Das Lipödem tritt frühestens in der Pubertät auf, häufig auch erst später im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft. Am häufigsten im 20-40 Lebensjahr.
  • Häufig sind mehrere weibliche Personen einer Familie betroffen.
  • Die Fettverteilung an den Oberschenkeln und am Gesäss ist symmetrisch. Nicht zu verwechseln mit den asymmetrischen Schwellungen bei einem Lymphödem.
  • Es besteht eine auffällige Disproportion zwischen Rumpf und Beinen, der Oberkörper ist schlank, die Beine wirken im Verhältnis dazu überdimensional.
  • Das Gewebe ist empfindlich gegenüber Berührungen und Druck.
  • Die betroffene Körperregion ist anfällig für Blutergüsse.
  • Die Beine sind geschwollen, besonders bei langem Stehen oder Sitzen wird Wasser im weichen Gewebe eingelagert (orthostatisches Ödem).
  • Durch Diät lässt sich zwar das Gewicht reduzieren, nicht aber das vermehrte Fettgewebe. Das Lipödem ist diätresistent.

Das Lipödem lässt sich in keinem Labortest nachweisen. Die Diagnose wird von Angiologen deshalb meist aufgrund von Anamnese, sowie durch Palpation und Inspektion gestellt. Mit modernen apparativen Untersuchungsverfahren wie MRI und CTG, sowie mit Ultraschalluntersuchungen können erfahrene Ärzte die Diagnose Lipödem stellen oder bestätigen. Da diese Verfahren sehr teuer sind und die Diagnose auch ohne die apparativen Verfahren gestellt werden kann, wird in der Regel darauf verzichtet.

Differentialdiagnose

Bei der Diagnose von Erkrankungen müssen Leiden mit sehr ähnlichen Symptomen ausgeschlossen werden. Folgende Erkrankungen zeigen ähnliche Symptome wie ein Lipödem:

  • Periphere Adipositas (Übergewicht mit „Birnentyp“): Adipositas darf nicht mit einem Lipödem verwechselt werden. Bei Adipositas fehlt die typische Unproportionalität zwischen Oberkörper und Gesäss/Beinen.
  • Benigne symmetrische Lipomatose (Madelung-Syndrom,Launois-Bensaude-Syndrom)
  • Morbus Dercum (Lipomatosis dolorosa)

Erscheinungsformen und Verlauf

Das Lipödem lässt sich in vier Typen und drei Stadien einteilen. Bei den Typen wird zudem noch zwischen a-Typ und b-Typ unterschieden. Die Einteilung der Typen erfolgt am häufigsten nach Herpertz:

Typ 1: Fettgewebe an Hüfte und Po. Hier wird umgangssprachlich häufig von Reiterhosephänomen gesprochen.

Typ 2: Das vermehrte Fettgewebe reicht von der Hüfte bis zum Knie.

Typ 3: Beim Typ 3 Lipödem sind zusätzlich die Unterschenkel betroffen. Direkt über dem Knöchel hört die Vermehrung des Fettgewebes auf, Fuss und Knöchel sind schlank, häufig hängt das Gewebe des Unterschenkels über die Knöchel hinab (Suavenhosenphänomen).

Typ 4: Neben Gesäss und Beinen sind auch die Arme von der übermässigen Fettvermehrung betroffen.

Weiter kann jeder Typ in einen a-Typ oder b-Typ eingeteilt werden. Der a-Typ wird in der Fachsprache auch Lipohyperplasie genannt und ist keine Erkrankung, sondern vielmehr eine Variante der Körperform. Anders als das Lipödem ist die Lipohyperplasie schmerzfrei und weist kein Ödem auf. Auch die Hämatomneigung ist kaum grösser als beim Durchschitt. Unter dem b-Typ versteht man das eigentliche Lipödem, welches neben der unproportionalen Fettvermehrung durch Wassereinlagerungen und Druckempfindlichkeit gekennzeichnet ist.

Das Lipödem ist eine unheilbare, fortschreitende Erkrakung, welche sich unabhängig vom Typ auch in drei Stadien einteilen lässt.

Stadium 1: Die Hautoberfläche im Bereich des Lipödems ist glatt. Beim Tasten lässt sich eine feinknotige Gewebestruktur feststellen.

Stadium 2: Die Hautoberfläche ist uneben es hat sich Orangenhaut gebildet. Im Gewebe lassen sich grobknotige Strukturen mit der Grösse einer Walnuss oder grösser tasten.

Stadium 3: Die Fettgewebevermehrung ist so weit fortgeschritten, dass sich grosse Lappen bilden. Die Beine wirken deformiert, die Beweglichkeit und Bewegungsfreiheit der Betroffenen ist oft stark eingeschränkt.

Komplikationen

Die Fetteinlagerung im Gewebe ist auch für das Venensystem eine Belastung. Krampfadern und Schädigungen des tiefen Venensystems sollten durch Tragen von geeigneten Kompressionsstrümpfen vorgebeugt und der Verlauf durch regelmässige phlebologische Untersuchungen kontrolliert werden.

Die starke Vermehrung des Fettgewebes kann sich ausserdem negativ auf die Beweglichkeit und Mobilität der Patientin auswirken.

Ursachen für die Wassereinlagerung

Die Wassereinlagerung im Fettgewebe des Lipödems ist ein Problem, sie ist zu einem grossen Teil an der Schmerzempfindlichkeit der betroffenen Stelle beteiligt. Ausserdem nimmt das Bein aufgrund des Ödems an Gewicht und Umfang zu, was die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen kann. Die Ödembildung ist durch die Fetteinlagerung im Gewebe begründet.

Das Blut wird durch die Arterien in den Körper gepumpt und von den Venen zurück zum Herzen transportiert. Zirka 10% der Flüssigkeit des Blutes geht in diesem Kreislauf „verloren“. Die Flüssigkeit, sowie Fette, Eiweisse und abgestorbene Zellbestandteile werden von den Lymphgefässen aufgenommen und als Lymphe zur oberen Hohlvene transportiert, wo die Flüssigkeit wieder in den Blutkreislauf abgegeben wird.

Beim Lipödem funktioniert dieser Vorgang nur noch eingeschränkt. Durch das stark vermehrte Fettgewebe werden die Blut- und Lymphgefässe eingeengt und die Lymphbildung dadurch eingeschränkt. Zusätzlich durch das weibliche Geschlechtshormon Östrogen begünstigt, lagert sich das Wasser im weichen Fettgewebe ein.

Therapie

Die Therapie des Lymphödems zielt darauf ab, das eingelagerte Wasser aus dem weichen Fettgewebe zu drainieren. Das geschieht gleich wie bei einem Lymphödem mit der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE). Diese setzt sich aus mehreren Anwendungen zusammen.

MLD und AIK

Bei der manuellen Lymphdrainage (MLD) wird die Aktivität der motorischen Lympheinheiten angeregt. Durch die sanfte Massage wird das Wasser aus dem Gewebe in Richtung der Lymphgefässe verschoben und kann besser abtransportiert werden.

Ergänzend zur manuellen Lymphdrainage wird die apparative intermittierende Kompression (AIK) eingesetzt. Eine mit einem Kompressionsgerät verbundene Beinmanschette appliziert wellenförmig auf- und abbauenden Druck. Die Wirkung ist sehr ähnlich wie bei der MLD, weshalb die Häufigkeit der Therapiesitzungen bei regelmässiger AIK Anwendung häufig reduziert werden kann.

VASOprime Kompressionstherapie

Verband und Strümpfe

Nach der MLD werden die Beine mit einem Kompressionsverband oder einem medizinischen Kompressionsstrumpf versorgt. Während der AIK kann der Kompressionsstrumpf in der Regel anbehalten werden.

Weiter setzt sich die KPE aus guter Hautpflege und regelmässigen Bewegungsübungen zusammen. Die Betroffenen werden bei einem ersten Klinikaufenthalte instruiert, welche Gymnastikübungen gemacht werden sollen und wie die optimale Hautpflege aussieht.

Sport wie z.B. Schwimmen, Walking und Spazieren kann den Lymphabfluss im Bereich des Lipödems ebenfalls anregen. Hier gilt es darauf zu achten, dass die sportliche Aktivität keine Schmerzen verursachen sollte und der Zustand am nächsten Tag nicht verschlechtert ist.

Kompressionsstrümpfe

Gesunde Ernährung

Obwohl das Lipödem diätresistent ist, spielt eine gesunde Ernährung bei der Therapie eine wichtige Rolle. Eine Gewichtszunahme sollte durch gesunde Ernährung und regelmässige Bewegung unbedingt vermieden werden, da immer zuerst Gesäss und Beine zunehmen und sich das Lipödem dadurch noch verschlimmert. Langfristig sollte bei übergewichtigen Patienten eine Reduktion des Gewichts angestrebt werden.